Einmal quer durch den Dschungel

Da Sonntag ist, wollten wir eine etwas anderes machen, etwas, was dem Sonntag angemessen ist, wie z.B. ein Sonntagsspaziergang durch den Thailändischen Wald. Nele wollte sowieso einmal in den Dschungel gehen. Der folgende Trail schien perfekt dafür geeignet und dazu noch ganz in der Nähe:

Bang Pae Waterfall to Ton Sai Waterfall ist ein 4.2 Kilometer langer Streckenabschnitt in der Nähe von Amphoe Thalang, Phuket, Thailand. Er führt durch schönen Wald, vorbei an herrlichen Aussichtspunkten und es gibt einen Wasserfall und oftmals Wildtiere zu sehen. Aufgrund der Steigung und Distanz ist die Strecke für alle Leistungsniveaus geeignet. Hier kann hervorragend gewandert und spaziert werden.

https://www.alltrails.com/de/trail/thailand/phuket/bang-pae-waterfall-to-ton-sai-waterfall

Vorsichtshalber lade ich mir noch eine Wanderkarte in Appform herunter. Es wird ja schnell dunkel und für eine Übernachtung im Dschungel habe ich wahrscheinlich die falsche Reisegruppe gewählt.

Unser Fahrer Ali bringt uns zum Ton Sai Wasserfall. Unterwegs machen wir noch einen kurzen Stopp bei dem buddhistischen Tempel Scpo. So komplett andere Glaubens- und Lebensphilosophien sind immer interessant und hat auch unseren Kindern imponiert.

Schade, dass es keine Erklärungstafeln gegeben hat, die uns den Buddhismus ein wenig näher gebracht hätten. Glücklicherweise gibt es Wikipedia:

Der Buddhismus ist eine der großen Weltreligionen. Im Gegensatz zum Hinduismus und den abrahamitischen Religionen beziehen sich die Glaubenssätze der meisten buddhistischen Lehren auf umfangreiche philosophisch-logische Überlegungen.

Grundlage der buddhistischen Praxis und Theorie sind die Vier Edlen Wahrheiten: Die Erste Edle Wahrheit, dass das Leben in der Regel vom Leid (dukkha) über Geburt, Alter, Krankheit und Tod geprägt ist; die Zweite Edle Wahrheit, dass dieses Leid durch die Drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung verursacht wird; die Dritte Edle Wahrheit, dass zukünftiges Leid durch die Vermeidung dieser Ursachen nicht entstehen kann bzw. aus dieser Vermeidung Glück entsteht und die Vierte Edle Wahrheit, dass die Mittel zur Vermeidung von Leid, und damit zur Entstehung von Glück, in der Praxis der Übungen des Edlen Achtfachen Pfades zu finden sind. Diese bestehen in: rechter Erkenntnis, rechter Absicht, rechter Rede, rechtem Handeln, rechtem Lebenserwerb, rechter Übung, rechter Achtsamkeit und rechter Meditation, wobei mit recht die Übereinstimmung der Praxis mit den Vier Edlen Wahrheiten, also der Leidvermeidung gemeint ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus

Da könnte man sich sicher eine dicke Scheibe abschneiden.

Auf dem ganzen Tempelgelände gab es an die 10 kleinere und grössere Tempel.

Bald kommen wir beim Startpunkt an. Ein mickriges kleines Rinnsal zeigt uns, wo der Wasserfall während der Regenzeit ist. Aber das wussten wir bereits. Eine breite Strasse führt uns nach hinten.

Neben uns sind noch eine handvoll Touristen und eine einhemische Familie dort. Wir machen ein paar Fotos bei der Lianenschaukel und machen uns dann auf den Dschungelpfad, welcher steil bergauf über Felsen führt. Nele ist fast nicht zu bremsen.

Das sollte der kleine Sonntagsspaziergang werden.

Ein kleines bisschen Rebellion flammt auf. Zweifel werden geschürt, ob das auch wirklich der richtige Weg ist, welche ich (GPS sei Dank) bestätigen kann. So gehen wir voran und ehrlich gesagt, wenn der Weg immer so gewesen wäre, hätten wir in der Tat ein Nachtlager aufschlagen müssen.

Bald einmal treffen zum Entsetzen von Annika auf die erste Schlange, die sich ganz elegant durch die Äste schlängelt und sich möglichst schnell von uns entfernen will. Ich finde es hat eine gewisse Eleganz, wie sich dieses dünne Wesen ohne Hände und Füsse trotzdem in den Ästen festhalten kann. Schwubs und dann waren sie bereits wieder weg. Die zweite haben wir kurz vor Schluss in einem kleinen Teich entdeckt. Auch die hat sich möglichst schnell vom Acker gemacht.

Hier im dichten Wald sind wir ganz alleine, umgeben von dichten Palmen, so richtigen Regenwaldbäumen mit diesen grossen Wurzeln und armdicken Bambusstangen. Das Licht ist gedämpft und es zirpte und zwitscherte überall. Dazu die drückende Hitze, die zwar nicht so stechend ist, da wir gut geschützt von der Sonne sind, dafür umso feuchter. Bald einmal schwitzen wir aus allen Poren.

Ich stelle mir vor, wie die Amerikaner hier (oder zumindest hier dieser Region) schwer beladen mit Sack und Pack vor 60 Jahren durch den Wald schleichen, stehts auf der Hut vor dem Feind für einen Krieg, den wahrscheinlich die wenigsten verstanden. Da waren die paar Schlangen und Spinnen sicher das kleinste Problem.

Trotz Hitze und Schweiss geniesse ich die Athmosphäre, das viele Grün und die vielen fremdartigen Geräusch, welche wir auch mit viel Phantasie keinem Tier eindeutig zuordnen können. Ein Geräusch glich einer Alarmanlage, die jemand vergessen hat auszustellen und war auch ähnlich nervend. Gerne hätte ich hier einfach mal ein paar Minuten in aller Stille verweilt und gelauscht und geschaut. … zugegeben, ein kleines bisschen einschüchternd war es auch und so ganz freiwillig hätte ich die Nacht auch nicht hier draussen verbringen wollen.

Auf den Fersen von Mogli.
„Welcome to the Jungle“ – Guns’n’Roses
Den Tümpel mussten wir zum Glück nicht durchwaten und das Mückenspray hat sehr gut geholfen.

Man würde meinen, dass man die 4 km in 2h Spaziergang hinter sich bringt. Es wurden dann über 3.5 h und aus dem geplanten Spaziergang wurde eine richtige Wanderung! Entweder hat sich jemand in der Distanz verschätzt oder wir waren wirklich so langsam unterwegs.

Die Kinder sind Tapfer gelaufen, wenn auch mit dem obligatorischen Gemaule, aber wahrscheinlich gehört das bei Kindern einfach dazu. Wahrscheinlich war ich in dem Alter nicht anders.

Der Trip durch den Dschungel wird uns allen in Erinnerung bleiben, das ist klar.

Und seit ich hier am Schreiben bin krabbeln doch wirklich kleine rote 1mm grosse Ameisen aus meinem Computer heraus! Das wäre eine interessante Schadensmeldung bei der Versicherung. Was es hier nicht alles gibt.