Wie ich zum Reisen kam

Von klein auf gehörten Ferien zum Familienleben. Ob Südfrankreich, Spanien oder Italien. Viele Jahre sind wir anfänglich mit dem Zelt, später dann mit dem Wohnmobil durch Europa gezogen. Zwischendurch gabs auch mal einen Abstecher nach Amerika oder Schweden. Hauptsächlich dominierten aber die südlichen Länder rund ums Mittelmeer. Wie Zugvögel haben wir im Herbst die Schweiz in Richtung Süden verlassen, um vor den kalten Wintermonaten nochmals ein wenig Sonne zu tanken.

Es sind schöne Erinnerungen: Beach Volleyball, Eidechsen jagen, riesige Sandburgen bauen oder in den hohen Wellen schwimmen. Dazu das obligatorische Haare schneiden auf dem Campingplatz, die Regengüsse und das damit verbundene Gräben bauen und das morgendliche „Surferfrühstück“.

Es war eine Zeit, um sich Alltag abzukoppeln, um im hier und jetzt zu leben. Wifi gab es noch nicht, die Zeitung verstanden wir nicht und einen Weltempfänger für „heimische Nachrichten“ stand mal im Wohnwagen, aber so richtig benutzt haben wir den nicht.

Irgendwann zog ich aus und hatte schneller als ich dachte selber Kinder und musste/durfte die Feriendestinationen selber bestimmen.

Für uns beide war immer klar: Ferien sind Familiensache. Ferien sind nicht verhandelbar. Egal, wieviel Geld wir haben, egal wohin, aber ein paar Tage weg vom Alltag gehören einfach dazu.

Unsere ersten gemeinsamen Ferien waren die Flitterwochen, welche wir als arme Studenten in bescheidenen Verhältnissen verbracht haben: Für 4 Nächte Hotel mit Frühstück hat das Budget gereicht. Die anderen drei Nächte haben wir im Zelt verbracht. Wunderschöne Erinnerungen und absolut empfehlenswert!

Seither haben wir alle klassischen Destinationen aus meiner Kindheit besucht. Oftmals war es Elba, mal Sardinien oder Korsika und auch schon Südfrankreich oder Spanien. Man ist relativ schnell dort und mit ein bisschen Ausdauer und dicker Haut lässt es sich auch noch im Oktober gut baden. Dazu können sich die Kinder am Strand verdörlen, im Sand spielen und Krebse suchen, was uns als Eltern auch mal erlaubt, einfach ein Buch zu lesen.

An genau so einem Tag, Mara sollte Mittagsschlaf machen, spaziere ich mit dem Kinderwagen über den Campingplatz in der Hoffnung, dass sie bald einschläft und lese das Buch: „The four hour workweek„. Zusammengefasst steht in dem Buch folgendes:

Warum arbeiten wir uns eigentlich zu Tode? Die 4 Stunden Woche von Timothy “Tim” Ferriss ist eine Schritt-für-Schritt Anleitung um den aus den Zwängen eines Angestelltenjobs zu befreien, ein “Lifestyle-Business” zu erstellen. Damit soll man sein Traumleben führen können und leben wie ein Millionär, ohne überhaupt einer zu sein.

Und irgendwo im Buch hat er auch zitiert:

Wir kaufen Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen.

Ich habe daraufhin nicht unser Auto verkauft und auch nicht unser Haus, den Job habe ich behalten, aber irgendwie hat mir das Buch zu denken gegeben. Es wurde ein Samen gepflanzt. Lebe ich um zu arbeiten oder arbeite ich um zu leben?

Das Buch hat mein Verständnis von reich sein verändert: von „ich besitze alles, was ich will“ zu „ich tue alles, was ich will“. Ein kleiner aber feiner Unterschied.

Rhonegletscher im Wallis
Korsika an einem eher stürmischen Tag

Was heisst reisen?

Eine Reise muss nicht um die Welt sein. Eien Reise heisst zu erleben. Ich kann durch unsere schönen Buchsiberge Wandern, den Jura überqueren oder den Mount Everest besteigen. Ein Städttrip nach Dijon oder der Sonntagssparziergang über den Eigen, dem Strand entlang spazieren, mit einem Boot durch seichte Lagunen fahren oder auf dem Fahrrad dem Fluss entlang radeln. Alles ist auf seine Art eine Reise. Obwohl alle Reisen so sehr verschieden sind haben sie doch einen gemeinsamen Nennen: Sie brauchen Zeit und Initiative.

Die einen Reisen mehr, die anderen weniger. Ich würde mich auch nicht als „hardcore Reiser“ bezeichnen. Als Reisender ohne Heimat, ständig auf unterwegs, rastlos ohne zu wissen, wo ich nächstes Jahr bin. Ich habe weder alle Kontinente besucht, noch die grössten Städte gesehen und im aktuellen Reisepass sind keine Einreisestempel zu finden. Wir haben die letzten Jahre Frankreich, Italien, Schweden, Norwegen, Portugal und Spanien besucht. Wir waren in Paris, London, Stockholm und Oslo (so auf der Durchreise).

Wir haben auf engstem Raum gelebt, unter freiem Himmel gekocht und in der warmen Sonne gelegen, haben die Sterne beobachtet, sind Tauben hinterherjagt und haben kleine Kätzchen ins Herz geschlossen. Wir haben zusammen gestritten, gelacht und geweint.

Wir haben gelebt. Wir sind gereist.

Und so freue ich mich auf jedes neue Unterfangen, sei es in der Ferne oder ganz nah, sei es für Wochen oder nur für einen Nachmittag.

Entlang unserem Weg hat sich unsere kleine Firma entwickelt, welche uns die notwendige Flexibilität gibt… aber das ist eine ganz andere Geschichte.