Es ist Nichts neues. Ich arbeite an meinen Schreibfähigkeiten. Schreiben ist ein Muskel, welcher trainiert werden will. Damals vor gefühlten Jahrhunderten in der Schule war mal ein Lehrer, der alle paar Wochen meine Aufsätze korrigiert und mit Rotstift dekoriert hat. Nur warum muss ich im Internet 20 Jahre später diese essentiellen und simplen Tipps nachlesen?
Der Autor scheint ein Meister seines Handwerk zu sein. Ich bezweifle, dass mein geduldiger Deutschlehrer so wortgewandt war. Trotzdem hat er sich regelmässig die Zeit genommen, mein Gekritzel zu entziffern und zu bewerten (ok, er wird auch dafür bezahlt).
Anstatt dem Lehrer konkrete Fragen zu stellen, die Kritik aufzusaugen, zu analysieren und umzusetzen, war ich froh wenn es eine genügende Note gab und überglücklich wenn die Note besser als eine 5 war.
Widerwillig machte ich die notwendigen Korrekturen, jedoch nicht um zu lernen, sondern um den Lehrer zufrieden zu stellen. Eigentlich schade und verschwendete Zeit. Stattdessen spielte ich während den Stunden „Racetrack“ (geniales kleines Spiel!) und sehnte den Pausengong herbei.
Noch habe ich nicht überall den Sinn gefunden habe. Die gefühlten 1000 Seiten von Dostojewski, die Analysen von Kafka und das Interpretieren der Räuber scheinen auch heute (noch?) unnütz. Während Grammatik und Rechtschreibung in den Top „notwendiges Übel“ gehört ist das auswendig lernen und Vortragen von „John Maynard“ doch bloss ein Zeitfüller?
Hätte ich nochmals 5 Jahre à 5 Stunden pro Woche Deutschunterricht (entspricht ca. 750 Stunden) würde ich:
- Konkrete Fragen stellen und konstruktive Kritik aktiv einfordern
- Den Fokus weg von verstaubter Literatur hin zu modernen Texten wenden
- Ein Schülerblog schreiben und meinen Deutschlehrer auffordern, es zu lesen und Feedback zu geben
- Den besten Aufsatz der Klasse durchlesen, um zu verstehen was einen guten Aufsatz ausmacht
- Vielleicht (aber nur vielleicht) würde ich mich bezüglich Grammatik mehr bemühen, weniger Beachtung würde ich hingegen der Rechtschreibung schenken. Wer schreibt denn noch auf Papier? Und im Computer hat heute jeder Browser eine Rechtschreibeprüfung eingebaut.
Jetzt wo ich die Pickelzeit hinter mir gelassen und selber Kinder habe; jetzt wo eine Glatze von Weisheit zeugt, kann ich das leicht sagen. Ich weiss, dass die Welt hinter den altmodischen Pulten mit Blick auf die grüne Wandtafel eine andere ist.
Zuletzt noch ein kleines Beispiel von meiner letzten Erkenntnis:
War ich doch mein ganzes Leben lang felsenfest davon überzeugt, dass Adjektive immer eine Bereicherung für den Text sind, muss ich heute erfahren, dass das eine Irrlehre ist:
«Wenn Sie ein Adjektiv sehen, töten Sie es. Vielleicht nicht in jedem Fall. Aber töten Sie die meisten – dann ist der Rest wertvoll. Adjektive schwächen Ihren Text, wenn sie zu dicht stehen. Sie geben Kraft, wenn sie viel Raum zwischen sich haben.»
Und das hat nicht irgend eine Möchtegern-Thoughtleader auf Twitter gesagt, sondern niemand geringeres als Mark Twain.
Konstruktive Kritik ist willkommen.